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TEAM LEWIS LEWIS

von

LEWIS

Veröffentlicht am

Oktober 18, 2018

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Während in vergangenen Jahr die 6,4 Millionen Oktoberfest-Besucher rund 6,7 Millionen Liter Bier konsumierten, ist der Gerstensaft in Deutschland längst nicht mehr in aller Munde: Seit knapp zehn Jahren sinkt der Pro-Kopf-Verbrauch, die Deutschen haben immer weniger Lust auf Bier. Es herrscht Katerstimmung im bierbrauenden Gewerbe.


Kein Prosit der Gemütlichkeit – die Markenvielfalt und die große Anzahl von Brauereien können nicht über die Probleme der Branche hinwegtäuschen. Zwar liegt Deutschland im Pro-Kopf-Verbrauch weltweit immer noch auf Platz 2 – aber der Bierkonsum hierzulande geht kontinuierlich zurück. 1976 tranken die Bundesbürger pro Kopf im Durchschnitt noch 151 Liter Bier pro Jahr, 1990 waren es noch 143 Liter, heute nur noch 107 Liter. Die älter werdende Gesellschaft trinkt weniger und vor allem anders, dabei waren es gerade die heutigen „Best Ager“, die ursprünglich im Biersegment für einen positiven Kohorten-Effekt sorgten. Die Zielgruppe der feierfreudigen 20-35-jährigen wird kleiner bzw. greift eher zu Energy- oder Mixgetränken. Hinzu kommt, dass viele Menschen heute generell gesünder leben als noch vor einigen Jahren. y   Längst dominieren nicht mehr regionale Brauereien den Markt, sondern weltweit agierende Konzerne. Die größten Firmen heißen AB InBevSABMilleroder Heineken. Weil die Großen der Branche seit Jahren auf Einkaufstour sind, stecken heute hinter so vertrauen Marken wie FranziskanerLöwenbräu oder Diebels keine Familienunternehmen mehr, sondern Großbrauer mit Tausenden Mitarbeitern.

 

Diese internationalen Brauerei-Konglomerate sind es auch, die vom Wachstum in den Schwellenländern profitieren. Dort wächst mit den steigenden Einkommen auch das Verlangen nach Konsum- und Luxusgütern. Das wissen AB InBev und Co. weit besser zu nutzen als die deutsche Konkurrenz. Zwar steigt auch die Exportquote der deutschen Brauer: Zuletzt verkaufte man rund 15 Millionen Hektoliter, etwa 16 Prozent, ins Ausland. Der deutsche Marktführer Radeberger, der unter anderem die Marken Jever und Schöfferhofer im Sortiment führt, kommt nur auf einen Anteil von 0,7 Prozent an der weltweiten Bierproduktion. Damit ist man nur die Nummer 23 der Welt. Für die kleineren Brauer rechnen sich die Ausgaben für Logistik und Zwischenhändler in der Regel nicht. Sind nun Hopfen und Malz verloren? Nein, denn es ist durchaus möglich in schwierigen Märkten zu wachsen. Vom reinen Bierkonsum hin zur Bierkultur kann ein Weg zurück in die Erfolgsspur sein. Viele Weinliebhaber mögen an dieser Stelle vielleicht die Nase rümpfen, wenn sie dieses Wort hören. Denn Bier steht bei uns für ein Massenprodukt, das es an jeder Ecke zu kaufen gibt und mit Aktionspreisen verramscht wird. Eine Möglichkeit speziell für mittelständische Unternehmen ist daher eine  konsequente Qualitätsoffensive, um die eigene Braukunst wieder stärker herauszustellen. Es reicht allerdings nicht Bierspezialitäten auf den Markt zu bringen und zu hoffen, dass sie entsprechenden Anklang finden und dem Konsumenten schmecken. Es gilt vielmehr dem Verbraucher zu zeigen, wie viel Arbeit und Engagement dahintersteckt, und letztendlich den höheren Preis zu rechtfertigen. Das Brauhandwerk in allen Ehren, aber nur mit Attributen wie Tradition und Heimatverbundenheit als kommunikative Kernbotschaften wird dies nicht gelingen. Überhaupt kann die Brauereibranche von den Winzern einiges lernen: Noch Mitte der 80er Jahre wäre niemand auf die Idee gekommen, eine Flasche deutschen Wein zu verschenken. Der Wandel kam durch Qualität und vor allem Kommunikation: Es wurden konsequent Geschichten von engagierten Winzern erzählt, regionale Besonderheiten und Stärken ausgespielt, die Produkte facettenreich dargestellt. Deshalb spricht man heute bei Wein nicht vom Preis, sondern vom Genuss. Beim Gerstensaft denkt der Konsument bisher nicht daran welches Bier zu welchem Essen passt. Bier kann und muss tischfein werden. Kein Alkohol ist auch eine Lösung: Die Gesellschaft für Konsumforschung hat ermittelt, dass 2012 in 17 Prozent aller deutschen Haushalte mindestens einmal alkoholfreies Bier im Einkaufskorb gelandet ist. Alkoholfreies Weißbier ist vor allem bei Läufern und anderen Ausdauersportlern wegen seiner isotonischen Wirkung beliebt. Potential ist also vorhanden, bislang ist allerdings keine Marke in Sicht, die die Themen Sport- und Wellness wirklich besetzt. Mit partiellem (Sport)Sponsoring alleine ist es nicht getan, es bedarf einer entsprechenden Kommunikationsstrategie, um sich hier glaubwürdig zu etablieren. Aufhalten lassen wird sich der Absatzrückgang in absehbarer Zeit nicht – doch ob nun Weizen, Pils, Helles, Kölsch, Alt oder eine der neuen Premiummarken: Bier hat seinen festen Platz in Deutschland und wird auch weiterhin getrunken. Entscheidend ist künftig das Thema Differenzierung: Nur wer sich mit einer klaren Strategie positioniert – von der Kommunikation bis zur Distribution – hat überhaupt Chancen künftig im heimischen und internationalen Markt zu bestehen. Der Brause-Gigant Red Bull hat vorgemacht, wie man mit cleveren Kommunikationsmaßnahmen – Content Marketing und  Storytelling – das eigene Markenprofil schärft und die relevanten Zielgruppen stetig erweitert. Als Bierbrauer muss man niemand aus dem Weltall zur Erde springen lassen, besetzt man die richtigen Themen lassen sich auch mit Attributen wie Qualität, Nachhaltigkeit, Tradition und  Heimatverbundenheit Marke und Produkt gewinnbringend in Szene setzen.  Die erfolgreichsten Marken- und Produktgeschichten werden geschrieben, wenn die Kommunikation über alle relevanten Kanäle gleichermaßen gespielt werden – von der klassischen PR und der Unternehmens-Homepage über Social Media Kampagnen oder Events bis hin zur Kommunikation am Point of Sale. Die höchste Braukunst bleibt wirkungslos, wenn die Botschaft nicht beim Konsumenten ankommt!

 

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