Lang scheint es her, als Fußballvereine noch von Lokalpatriotismus geprägt waren, Großväter und Väter ihre Wochenenden auf offenen, zugig luftigen Bolzplätzen verbrachten und ihrer Mannschaft mal mehr, mal weniger freundlich Beine machten. Die gute, alte Zeit von gestern ist also vorbei. Heute tingeln Familien, höchst professionell mit allen Arten von Merchandising-Produkten (am liebsten mit aufblasbaren Klatschhänden) ausgestattet, in die Multifunktionsarenen dieses Landes. Da reist der BVB-Fan aus Thüringen nach Hamburg, die Gladbach-Familie nach München.
Als Bundesligist ist man schon lange nicht nur Club oder Unternehmen, sondern im besten Fall eine Marke. Um es mit Grönemeyers Worten zu sagen, ist es nun also „Zeit, dass sich was dreht“.
Es reicht nicht mehr nur, Mannschaft und Trainingsplan auf der Homepage vorzustellen. So weit, so klar. Das Thema Storytelling scheint auch bei Bundesligisten eine bewährte Strategie zu sein, die Markenpräsenz zu stärken.
Ziel: Markenpatriotismus. Was allen Bundesligisten dabei bereits ein angeborener Vorteil ist, sind die Emotionen und Sympathie seiner Anhänger. Auch wenn es manchmal schwer zu verstehen ist: Jeder Club hat seine Fans. Eine gute Ausgangsposition, denn Interessenten und Zielgruppe sind da. Die Kunst liegt allerdings darin, diese erstens zu halten, und zweitens zu erweitern. Auch über unsere Grenzen hinweg. Der FC Bayern München und FC Schalke 04 reisten dazu jüngst nach China oder die USA auf Pressetour, um neue Mitglieder und Fans zu gewinnen. Über Sinn und Unsinn solcher Reisen lässt sich streiten.
Fakt aber ist: Die Mannschaften entwickeln sich zu Markenrepräsentanten. Vorbilder: Saturns Tech-Nick oder Edekas supergeiler Liechtenstein. Wie auch in der Liga ist das Gefälle zwischen Top und Flop recht hoch. Wie in der Tabelle ist hier der FC Bayern Spitzenreiter. Storytelling und Markenbildung sind fest in der Kommunikationsstrategie verankert. Die Bayern überzeugen mit einer hohen Nutzerfreundlichkeit der Webseite und gelungenem Content-Marketing durch das eigene soziale Netzwerk MyFCB. Zudem binden sie ihre Sponsoren mit ein, etwa durch die Aktion „Liadl fürs Leiberl“ mit Adidas. Nahezu alle Spieler halten ihre Fans über Facebook und Twitter auf dem Laufenden, geben Einblicke in ihr Privatleben. Dass diese Methode funktioniert, zeigte die diesjährige WM. Begeistert überschlugen sich die Medien, wie sympathisch und offen sich die Nationalmannschaft zeigte. Nie waren Fans dank Facebook und Twitter näher an ihren Helden. Zum PR-Coup gehörte auch, dass die Mannschaft in der ‚Freizeit’ auf Erkundungstour ging, Prämien spendete, Sportgeräte wie Fahrräder in der Region verschenkte.Geschichten und Köpfe traten in den Vordergrund, der sportliche Kampf wurde subtiler Nebenschauplatz. Dank Facebook war die Welt hautnah dabei. Diese Sympathie erfasste sogar die Brasilianer. Deutschland. Die bodenständige Mannschaft. Eine Marke war geboren. Weltmeister werden durfte allerdings nur noch einer. Zurück zur Bundesliga: Neben dem FC Bayern München haben auch der BVB und Schalke 04 den Mehrwert Storytelling für sich erkannt. Die Dortmunder beispielsweise nehmen es wie gewohnt mit Humor. Der Claim „Echte Liebe“ wird regelmäßig mit Inhalten und Geschichten gefüttert. So verteilte der Verein vergangenes Jahr kurz vorm Champions League Finale in London BVB-Handtücher mit der Aufschrift reserved. Eine Punktlandung. Die Sympathie war den Ruhrpottlern sicher. Gute Geschichten könnten den Dortmundern auch nächste Saison gelingen. Als erster Zweitligaverein, der in der Champions League spielt. Sie möchten mehr gute Geschichten erfahren? Abonnieren Sie unseren Newsletter.