Harald Schmidt hätte wohl kaum damit gerechnet, dass es seine Idee aus dem Jahr 2005 nochmal zu spätem Ruhm bringt: Das Kurzwort „GroKo“ wurde gerade zum „Wort des Jahres“ gekürt. Es habe das Wahljahr beherrscht und zeige in seinem Anklang an „Kroko“ eine halb spöttische Haltung gegenüber der Koalition auf Bundesebene, so die Gesellschaft für deutsche Sprache. Auch Assoziationen zu „grotesk“ und „Großkotz“ drängen sich auf – die hat die Jury in ihrer Begründung jedoch vorsichtshalber ausgespart hat und überlässt das Interpretieren anderen. Wahrscheinlich hat der Entertainer keine größeren kommunikationspolitischen Ziele verfolgt, als er damals eine schwarze Krokodil-Handpuppe mit Brille, rotem Maul und weißen Stoffzähnen mit dem Namen „GroKo“ auftreten ließ. Und die Verbreitung des Wortes hätte sicher ein jähes Ende genommen, wenn nicht die Twitter-Gemeinde „GroKo“ als eingängigen Hashtag für sich entdeckt hätte. Dass das Kunstwort aus dem Netz nun zum „Wort des Jahres“ gewählt wurde, beweist mal wieder, welchen Stellenwert die digitale Kommunikation heute bereits in der realen Welt hat. Zudem zeigt der Fall „GroKo“: PR sollte langfristig angelegt sein, wenn sie zum Erfolg führen soll. Oft dauert es eine geraume Zeit, bis es ein Wort schafft, sich in den Köpfen festzusetzen und in den aktiven Sprachgebrauch einzufließen. Einen Begriff so zu etablieren, dass er „den öffentlichen Diskurs wesentlich prägt und das gesellschaftliche Leben sprachlich in besonderer Weise begleitet“, ist wohl die Königsdisziplin für jeden PR-Schaffenden. Kommunikateure brauchen dazu einen richtig langen Atem. Auch der Ausdruck ‚Big Data’ hat weiß Gott keine Blitzkarriere hingelegt: Als Begriff für das Sammeln und Zusammenführen großer Datenmengen ist er schon seit vielen Jahren in aller Munde, und gilt in Teilen der IT-Branche bereits als abgegriffen und verbraucht. Dank NSA und Co. hat es das IT-Wort 2013 aber nochmal auf einen respektablen Platz 5 geschafft, hinter eher analogen Phänomenen wie „Protz-Bischof“, „Armutseinwanderung“ und „Finanzschmelze“. 2012 führte der Ausdruck „Rettungsroutine“ die Liste an, in den Jahren zuvor schafften es „Stresstest“, Wutbürger“, „Abwrackprämie“, „Finanzkrise“ und „Klimakatastrophe“. 1971 wurde das Wort des Jahres übrigens erstmals gekürt, damals landete „aufmüpfig“ auf Platz 1. Auf unserer persönlichen Shortlist für das Lewis-Bürojahr 2013 stehen Begriffe wie „das deutsche Internetz“, „homeoffizieren“ und der gute alte „Telefonapparat“. Allesamt sind eine wahre Bereicherung für unseren täglichen Wortschatz, haben es aber leider nicht unter die 2400 Favoriten der Gesellschaft für deutschen Sprache geschafft. Das Unwort des Jahres wird übrigens im Januar gekürt – wir finden, auch in diesem Kontext hätte GroKo eine realistische Chance gehabt.
Oktober 17, 2013