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LEWIS

von

LEWIS

Veröffentlicht am

Oktober 18, 2018

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Um die Kunst des mündlichen Erzählens in Ehren zu halten, feiern wir heute den World Storytelling Day. Es gibt noch keinen Preis für den besten Geschichtenerzähler. Aber gäbe es ihn, dann hätte US-Präsident Barack Obama sehr gute Chancen. Ironischerweise verbirgt sich hinter Obama´s herausragenden Reden eine sehr gute Geschichte. Einer der wichtigsten Redenschreiber im Team des US-Präsidenten ist Jon Favreau, der gerade einmal 32 Jahre alt ist. Jon spielte 2008 in der „Yes we can“-Kampagne eine wesentliche Rolle und war bis vor kurzem Obamas Director of Speechwriting. Ich hatte das Glück Jon Favreu auf einem Seminar über die Kunst der Überzeugungskraft gerade in dieser Woche zu treffen. In seinem Vortrag zeigte Favreau fünfgoldene Regeln für das Storytelling mit, die nicht nur für die Politik gelten: 1. Die Geschichte ist wichtiger als die Worte „Meiner Erfahrung nach konzentriert sich Kommunikation zu oft auf darauf, die richtigen Worte zu finden. Selbstverständlich spielen Worte an manchen Stellen eine wichtige Rolle. Aber die erste Frage, die Sie sich stellen müssen ist: Was ist die Geschichte, die ich verkaufen will? Das sollte der Ausgangspunkt sein.“ Bevor Favreau eine Rede verfasste, unterhielt er sich immer zuerst mit Obama. „Ich wusste, er gibt mir ein paar beiläufige Gedanken über das was er sagen wollte. Das Interessante war, dass er mir immer die logische Gliederung einer Rede vorgab. Seine Fähigkeit, mit klarer Rhetorik zu beginnen und später Argumente sowie Anekdoten hinzufügen, ist beeindruckend.“ 2. Halten Sie es einfach „Lange Reden sind einfach zu schreiben, werden jedoch schnell vergessen“, so Favreau. „Das Publikum kann nur eine gewisse Anzahl von Informationen verarbeiten, bevor es den Fokus verliert. Eine Rede sollte daher nicht länger als 20 Minuten sein. Das erfordert eine enorme Disziplin, besonders wenn Sie in einer Organisation mit vielen verschiedenen Leuten arbeiten. Hierbei dürfen Sie nicht vergessen: Eine Rede über alles ist eine Rede über nichts. Reduzieren Sie Ihre Geschichte auf das Wesentliche.“ 3. Sprechen Sie Gegenargumente während Ihrer Präsentation an und nicht am Ende Gerade in der Politik ist es wichtig, sich über die mögliche Einwände Gedanken zu machen. „Schlüsseln Sie diese während ihrer Rede auf und sprechen sie offen an. Als Obama 2009 versuchte, seinen Gesundheitsreformplan durchzusetzen, bestand der größte Teil seiner Rede aus Gegenargumenten, die er dann widerlegte.“ 4. Empathie ist der Schlüssel Einfach nur das Publikum zu kennen, reicht nicht aus. „Versetzen Sie sich in ihre Lage und versuchen Sie die Welt aus ihren Augen zu sehen. Obamas Reden sind so erfolgreich, weil sie eine Sprache sprechen, die das Publikum versteht, und ihre Probleme ansprechen.“ 5. Keine Überzeugungskraft ohne Inspiration Laut Favreau sind Emotionen das wichtigste Element um ein Publikum zu motivieren. „Der beste Weg sich mit Menschen zu verbinden sind Geschichten, die für ihr Leben eine wesentliche Rolle spielen. In der Siegesrede von 2008 hatten wir eine klare Botschaft: Manchmal kommen Veränderungen langsam, aber Veränderung ist immer möglich und die Vergangenheit hat das bewiesen.“ Und hier kommt die Geschichte dahinter: Favreau und Obama beschlossen, eine besondere Geschichte über eine Frau namens Ann Nixon Cooper zu verwenden. „Sie ist eine von Millionen Menschen, die bei den Wahlen in der Schlange standen, um gehört zu werden. Bis auf eine Tatsache – Ann Nixon Coooper ist 106 Jahre alt. Sie wurde gerade eine Generation nach der Sklaverei geboren. Eine Zeit, in der es keine Autos gab und keine Flugzeuge. Jemand wie sie durfte damals aus zwei Gründen nicht wählen: Wegen ihres Geschlechts und wegen ihrer Hautfarbe. Heute Abend denke ich an alles, was diese Frau in einem Jahrhundert gesehen und erlebt hat – an den Kummer und die Hoffnung, den Kampf und den Fortschritt. An die unzähligen Male, in denen uns erzählt wurde ‚Wir können nicht’. Und an die Menschen, die auf die amerikanische Art doch immer vorangegangen sind und gesagt haben: Yes, we can.“ Favreau rief Ann Nixon Cooper vor der Verwendung ihrer Geschichte in der Rede an. „Ich sagte ihr, dass der Mann, der Präsident werden wollte, ihren Namen in der Siegesrede erwähnen möchte. Sie schwieg für eine Weile und fragte dann, ob es im Fernsehen zu sehen sein wird. Ich sagte ja. Sie hielt für eine längere Zeit inne und fragte etwas später, auf welchen Sendern es zu sehen sei und ich antwortete ihr. Sie sagte, sie sei so stolz auf ihn – auf uns. Sie begann zu weinen, also weinte auch ich. Genau in dem Moment trafen die Ergebnisse aus Ohio ein. In dem Augenblick dachte ich: Es wird immer schwierig sein etwas zu ändern, aber es kann passieren, wenn wir daran glauben.“ Bildquelle: Wikimedia Commons

 

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