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LEWIS

von

Katrin Osburg

Veröffentlicht am

März 8, 2021

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Heute feiern wir den Internationalen Frauentag, und es ist vielerorts zur Tradition geworden, Frauen an diesem Tag zu dem zu gratulieren, was sie augenscheinlich ausmacht, und sie mit Blumen zu beschenken. Doch geht es an diesem Tag tatsächlich darum, sich darüber zu freuen, als Frau auf die Welt gekommen zu sein? Ich denke nicht. Weshalb ich persönlich auch keine Glückwünsche zum Frauentag entgegennehme. Statt an einem ausgesuchten Tag im Jahr den Fokus auf uns Frauen zu legen, schließe ich mich der Forderung von Alice Schwarzer an, „diesen gönnerhaften 8. März endlich abzuschaffen“ und vielmehr 365 Tage im Jahr den Menschen, Frauen wie Männer, zu feiern. Danke, Alice!


Doch fangen wir ganz vorne an. Ins Leben gerufen wurde der Weltfrauentag lange vor dem Ersten Weltkrieg von den Sozialisten im Kampf um Gleichberechtigung, Wahlrecht für Frauen und Emanzipation. Heute geht es vor allem darum, auf Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen, die Frauen auch im Jahr 2021 noch Tag für Tag und überall auf der Welt erfahren. Und auch wenn wir in puncto gleiche Chancen, gleiche Bezahlung, gleiche Arbeit, gleiche Rechte in den vergangenen einhundert Jahren schon sehr viel erkämpft haben, sind wir noch lange nicht am Ziel. Erkämpft übrigens ohne jeglichen Einsatz von Waffen, denn unsere größte Waffe ist und bleibt unser Verstand.

Ein Bereich, der trotz vermeintlicher Gleichberechtigung vorrangig an uns Frauen hängen bleibt, ist die unbezahlte und dennoch kräftezehrende Haus- und Care-Arbeit. „Das bisschen Haushalt macht sich von allein, sagt mein Mann“ – der bekannte Schlager aus dem Jahr 1977 hat auch nach mehr als vierzig Jahren wenig an Aktualität eingebüßt. Denn eine aktuelle Umfrage von LEWIS bestätigt, dass die Verteilung von Haus- und Care-Arbeit mitnichten im Verhältnis 50:50 zwischen den Geschlechtern verteilt ist. Wir Frauen übernehmen sehr oft weitaus mehr dieser Aufgaben als Männer – und es wird nicht gesehen. „Invisible Labor“ heißt dieses Phänomen, und es geht dabei um die vielen unsichtbaren Dinge, die im Alltag anfallen und die wir Frauen, scheinbar nebenher, erledigen. Besonders frustrierend ist die ungleiche Verteilung von Haus- und Care-Arbeit, wenn in einer Partnerschaft beide Teile berufstätig sind.

Die Corona-Krise hat die Ungleichheit zwischen Frauen und Männern noch einmal verschärft, wie unsere Studie weiter belegt: Zu den meistgenannten Aufgabenbereichen, die während der Lockdown-Phasen vorrangig von Frauen übernommen wurden und werden, zählen Home-Schooling (70 Prozent), Kinderbetreuung (65 Prozent) und Kochen (64 Prozent).

Die Zeit, in der sich Frauen um „Haus“-Aufgaben und Kinder kümmern, nutzen Männer, um Karriere zu machen und sich von der Arbeit zu erholen. Doch warum ist das so? Drücken sich Männer einfach nur geschickt vor Haus- und Care-Arbeit? Oder geben wir Aufgaben vielleicht nur nicht ab? Ich denke, es bleibt häufig auch so viel bei uns hängen, weil wir Frauen die Männer oftmals nicht machen lassen. Wir glauben nämlich, wir könnten es besser als sie: ein gesundes Frühstück zubereiten, Einladungen für den Kindergeburtstag basteln, den Babysitter organisieren. Ganz schön vermessen, oder? Natürlich ist das Papa-Frühstück anders als das von Mama. Aber, na und?! Anders muss ja nicht falsch sein. Wir müssen die Männer nur einfach mal machen lassen und unseren Perfektionismus über Bord werfen, um mehr Zeit für uns zu haben. Zudem haben Frauen es in die Wiege gelegt bekommen, die Rolle der Kümmerin einzunehmen. Aber nur, indem wir Männer in die Haus- und Care-Arbeit gerecht einbeziehen, kommen wir aus der Überlastungsfalle heraus und können – gleich den Männern – einer bezahlten Tätigkeit nachgehen. Beschränken wir uns jedoch auf die Rolle der un- oder unterbezahlten Kümmerin, ist das der direkte Weg in Abhängigkeit und Altersarmut. Von den negativen emotionalen Auswirkungen ganz zu schweigen. Wollen wir das?

Ich arbeite seit vielen Jahren in verantwortungsvoller Position bei LEWIS und sehe meine Arbeit als sehr wichtigen Lebensinhalt – trotz Kind und Familienleben. Ich wollte mich nie entscheiden zwischen dem einen oder dem anderen, sondern wollte immer beides: Karriere und Familie. Das wäre jedoch undenkbar ohne einhundert Prozent gleichberechtigte Partnerschaft und einen Ehemann, der mir den Rücken freihält, wenn ich ein paar Tage auf Geschäftsreise bin oder am Abend etwas unternehme, um den Kopf freizubekommen. Hinzu kommt, dass LEWIS als Arbeitgeber die passenden Rahmenbedingungen bietet, um Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen.

Ich begegne immer wieder Frauen, die irritiert sind, wenn ich ihnen sage, dass mein Mann mich nachts schlafen lässt, während er unser Kind füttert, dass auch er mit dem Kleinen zum Kinderarzt geht, wenn es erforderlich ist, oder dass ich nach getaner Arbeit meinem Hobby nachgehe, während er das Kind badet und Abendessen zubereitet. Sie erwidern dann, dass sie es „toll finden“, wie er mir hilft. Warum helfen? Mein Mann hilft mir nicht, sondern wird lediglich seiner Vaterrolle gerecht. Wo steht, dass Frauen alleine für die Kindererziehung und den Haushalt verantwortlich sind?

Es liegt an uns, die antiquierten Rollenverteilungen und Stereotype aufzugeben! Dafür müssen wir unsere Kinder anders erziehen als unsere Eltern es getan haben und ihnen zeigen und vorleben, dass Mama und Papa in allen Lebensbereichen gleichberechtigt sind. Wir haben es in der Hand, die Zukunft zu ändern. Eine Zukunft, in der sich Männer nicht nur spätabends, nach der Arbeit oder am Wochenende in der Familie einbringen und länger als vier oder acht Wochen in Elternzeit gehen, um der Frau den beruflichen Wiedereinstieg zu ermöglichen.

Bis dahin, liebe Leserinnen, lasst uns aufhören, Blumen und Glückwünsche dafür entgegenzunehmen, dass wir Frauen sind, und stattdessen Aufmerksamkeit dafür schaffen, wie ungerecht und ungleich unsere Welt nach wie vor ist. Feiern können wir, wenn es irgendwann einmal tatsächlich keinerlei Unterschiede mehr zwischen den Geschlechtern gibt und alle Menschen gleichbehandelt werden. Dann erst haben wir Grund zum Feiern. Heute jedoch sind wir noch nicht soweit.

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