Key Takeaways:
- Vertrauen ist unerlässlich für den Markenerfolg, Fake-Kampagnen können dieses Vertrauen untergraben.
- Faux-Outdoor-Werbung (FOOHs oder auch gefälschte Außenwerbung) kann Aufsehen erregen. Gleichzeitig ist es aber auch riskant. Kund:innen können enttäuscht sein, wenn sich die Werbung als Fiktion entpuppt.
- Transparenz und der Offenheit im Marketing können das Vertrauen bewahren und gleichzeitig das Publikum ansprechen.
- Digitale Marketer müssen den Spagat zwischen Unterhaltung und Authentizität schaffen, der für modernes Marken-Storytelling entscheidend ist.
Vertrauen im Marketing
Vertrauen ist eine – wenn nicht sogar die wichtigste – Währung für Marken. Verbraucher:innen kaufen nicht bei Marken, denen sie nicht vertrauen. Verbraucher:innen werben auch nicht für oder mit Marken, denen sie nicht vertrauen. Die meisten Entscheidungen im Leben trifft man auf Basis von Vertrauen – in Menschen, Unternehmen oder Institutionen. In einer Welt, in der es immer mehr „Fakes“ gibt, stellt sich die Frage: Welche Auswirkungen haben geplante und absichtlich gefälschte Kampagnen für Marken? Ist es die Aufmerksamkeit wert, die man mit FOOHs erzeugt?
Dieser Tage bin ich auf eine neue solche gefälschte Kampagne gestoßen. Die Hautpflegemarke The Ordinary platzierte eine riesige Flasche auf einem Floß auf der Themse in London – und teilte im Nachgang mit, dass es eine CGI-basierte Kampagne war, die in ganz Europa veröffentlicht wurde. Ist das alles wirklich passiert? Und spielt das überhaupt eine Rolle?
Ich spreche nicht von gefälschten Anzeigen (die nicht von den beworbenen Unternehmen erstellt wurden), sondern von Anzeigen mit visuellen Stunts, die in Wirklichkeit nie stattgefunden haben. Diese werden FOOHs genannt (ich muss zugeben, dass ich diesen Ausdruck vorher noch nicht gehört hatte) – Faux OOH’s oder gefälschte Außenwerbung.
Vertrauen vs. Aufmerksamkeit – Widerspruch oder nicht?
Da stellt sich die Frage: Sind gefälschte Werbeanzeigen ein Problem für Marken – oder sind der Bekanntheitsgrad und die Publicity, die sie erzeugen, eine mögliche Enttäuschung auf Seiten der Verbraucher:innen wert?
Es gibt einige aufsehenerregende Beispiele, die uns allen in letzter Zeit begegnet sind: Von der Maybelline Mascara-Werbung in der Londoner U-Bahn bis zur riesigen Barbie in Dubai – die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen immer mehr. Nichts ist mehr, wie es scheint.
Wie wir bereits in diesem Blog geschrieben haben, “kann und wird eine große Kampagne zur Steigerung der Markenbekanntheit (in vielen Fällen) den Umsatz eines Unternehmens steigern. Sie wird ein Unternehmen wahrscheinlich nicht von heute auf morgen verändern, aber sie kann sich langfristig positiv auf den Gewinn auswirken“. Ich stimme zu, dass FOOHs kurzfristig einen positiven Effekt auf Umsatz und Bekanntheit haben können, aber ich frage mich, was es für die Verbraucher:innen bedeutet, wenn sie im Grunde Opfer von Marketing-Gags werden. Wenn sie sich dumm vorkommen, weil sie etwas geteilt haben, was nicht wirklich passiert ist.
Ich glaube, das Hauptproblem ist, dass die Leute oft nicht sofort erkennen, dass es sich um Fiktion handelt. Sie teilen eine Kampagne, weil sie sie mögen – und meistens auch, weil sie glauben, dass sie wirklich stattgefunden hat. In diesem Fall werden sie – wie immer in der Welt der sozialen Medien – unter den Ersten sein wollen, die sie teilen. Wenn sich jedoch herausstellt, dass es sich um einen Scherz oder eine Fälschung handelt, und dass sie davon nichts wussten, wird die Enttäuschung umso größer sein. Wüssten sie, dass es eine Fiktion ist, dass dahinter eine durchdachte, großartige Kreativkampagne von kreativen und digital begabten Menschen steckt, würden die Leute dann anders denken?
Wird Transparenz bei digitalen Marketing-Stunts helfen oder sie zerstören?
Transparenz kann eine praktikable Option für Marken sein, die sich von der Masse abheben und gleichzeitig das Vertrauen ihrer potenziellen Kund:innen und Zielgruppen bewahren wollen. Es scheint einen allgemeinen Konsens zu geben, dass FOOHs zwar Aufmerksamkeit erregen und „die Macht haben, zu überraschen„, dass sie aber auch die Macht haben, Marken zu schaden. Nämlich die Macht, das Vertrauen in Marken zu untergraben.
Studien zeigen, dass FOOHs eine um 20 Prozent höhere Erinnerungsrate haben als traditionelle Außenwerbung. Wie Shruti Gupta in diesem Artikel schreibt (und ich stimme ihr zu), zeigt das Edelman Trust Barometer immer wieder, dass Konsument:innen Unternehmen mehr vertrauen, wenn sie diese als authentisch und transparent wahrnehmen.
Transparenz scheint daher eine Lösung für erfolgreiche FOOH-Kampagnen zu sein. Aber geht damit nicht der Überraschungseffekt und der Reiz vieler Kampagnen verloren? Wären wir von der Mascara-Bürste in der Londoner U-Bahn genauso begeistert, wenn wir sofort gewusst hätten, dass es sich nur um CGI handelt?
@maybelline 📣 All aboard the Sky High Mascara Express ✨🚄 After hitting the NYC Streets, we’re taking over London💂🇬🇧 We are on the move with #SkyHighMascara elevating your lash game to new heights🌤️ 🌇 it’s guaranteed to serve limitless lash length 📏 and full volume😍 #Maybelline ♬ original sound – Maybelline New York
Entertainment schlägt Fakten: Was das für das Markenvertrauen bedeutet
Die Zeiten ändern sich – oder zumindest sehr schnell. Fake News beherrschen unsere Nachrichtenzyklen. Meinungen zählen mehr als Fakten. Entertainment zählt (für viele) definitiv mehr als Fakten. Daher sollte Entertainment ein Teil einer Marke werden. Selbst Marken, die sich stark auf den Aufbau von Markenvertrauen konzentrieren, müssen ihre Zielgruppe (zunehmend) unterhalten. Nur so können sie sich vom Multichannel-Lärm abheben.
Ich möchte gerne auf den Ausgangspunkt zurückkommen: Unternehmen müssen sicherstellen, dass die Menschen das Vertrauen in die Unternehmensmarke nicht verlieren, sondern aufbauen. Daher sollten Unternehmen neue, aufmerksamkeitsstarke und unterhaltsame Wege mit einigen wichtigen vertrauensbildenden Faktoren verbinden: Transparenz, Zuverlässigkeit und Menschlichkeit. Wenn ein FOOH das Einfühlungsvermögen und die Freundlichkeit einer Marke demonstriert, verzeihen die Menschen vielleicht, wenn sie in die Irre geführt werden. Erklärt eine Marke die Motive hinter dem Fake-Ansatz, schätzen die Menschen die Marke vielleicht sogar mehr als zuvor.
Markenbildung und Storytelling stehen im Zentrum der Kommunikation und der digitalen Marketing-Aktivitäten eines jeden Unternehmens. In einer digitalen und virtuellen Welt (habe ich Apple Vision gehört?) müssen Marken mit neuen Unterhaltungsformaten spielen und über Fakten und Realität hinaus denken. Ich bin gespannt, welche Marke diese beiden Welten als erstes auf die effektivste und unterhaltsamste Weise vereint. Es ist sicherlich eine Herausforderung für die etablierten großen Namen, diesen strategischen Wandel zu vollziehen – aber es könnte sich in Zukunft in echten Dividenden auszahlen. Sogar in echten, finanziellen Dividenden.