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LEWIS

von

Dominik Hohmann

Veröffentlicht am

Oktober 18, 2018

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Das letzte Vorstandsmeeting entschied eindeutig der neue Chief Communication Officer für sich. Um die Segel auf Erfolgskurs zu setzen, muss das Geld direkt in die Kommunikation fließen – darüber sind sich nun alle Vorstandsmitglieder einig. Die Konsequenzen dieser Entscheidung sind in der Kommunikationsabteilung nur allzu offensichtlich.


So wurden beispielsweise die im Zuge des letzten Mitarbeiter-Kreativ-Workshops entstandenen Blumenvasen-Basteleien, die inzwischen fester Bestandteil eines jeden Arbeitsplatzes geworden sind, gegen eine limitierte Edition sündhaftteurer Ming-Vasen ausgetauscht. Denn im Ressort des Kommunikationschefs muss dringend eine Frage beantwortet werden: Wohin bloß mit dem vielen Geld aus dem überquillenden Budgettopf?

Doch zurück zur Realität. Kostendruck und Wirtschaftslage lassen die Kommunikationsbudgets stagnieren oder gar sinken. Gleichzeitig wachsen die Anforderungen an die Kommunikation: Effektivität und Effizienz der eingesetzten Maßnahmen müssen trotz geringerer Ressourcen und schmaleren Budgets gesteigert werden, um sich in zunehmend komplizierten Märkten noch durchsetzen zu können. Und der Chief Communication Officer? Lassen wir das.

Aus diesem Grund wird bei der Budgetallokation alles was Online passieren kann großgeschrieben. Denn die Budgettöpfe quillen eben nicht über und Ming-Vasen sind in den Kommunikationsabteilungen wohl eher die Ausnahme. Onlinekommunikation ist schlicht und ergreifend günstiger und daher für viele Entscheider das Mittel der Wahl. Außerdem ist Onlinekommunikation leichter messbar zu machen und bietet geringere Streuverluste. Online-Maßnahmen lassen sich gefühlt auch auf einen Klick umsetzen – und sowieso entsprechen sie unserer vernetzten Digitalwelt doch viel besser.

Ohne jeden Zweifel bietet Onlinekommunikation eine Fülle an innovativen Möglichkeiten und ist sinnvoller denn je. Aber erzielt Onlinekommunikation bei der Zielgruppe die gleiche Wirkung wie Offlinekommunikation? Wo liegen die Grenzen der Onlinekommunikation?

Ich möchte jetzt nicht in Nostalgie verfallen, doch es gibt bestimmte Situationen, in denen wir uns alle eher für die analoge statt für die digitale Welt entscheiden würden. Zum Beispiel Entscheidungen, bei denen Sympathie und Vertrauen eine wichtige Rolle spielen. Wir vertrauen einem analogen Handschlag naturgemäß mehr als einem digitalen. Denn gerade eine reale Berührung, ein reales Aufeinandertreffen oder eben auch ein realer Touchpoint zur Marke, bietet erst die Möglichkeit, handfestes Vertrauen und tatsächliche Sympathie aufzubauen.

Bei der Onlinekommunikation beschränkt sich das Markenerlebnis in 99 Prozent der Fälle auf eine zweidimensionale Ebene, die höchstens zwei unserer fünf Sinne in Anspruch nimmt. Bei der Offlinekommunikation hingegen, können Marken, gemäß dem Credo „Man muss Menschen berühren um sie zu bewegen“, multisensuell erlebbar gemacht werden. Aus der multisensuellen Ansprache resultiert eine Verstärkung der Markenwirkung, das sogenannte „multisensory enhancement“, das zu einer tieferen Verankerung der Markeninhalte beiträgt und die Zielgruppe emotional stärker an die Marke bindet.

Auf Events, am Point of Sale und überall dort, wo die Marke im realen Leben anzutreffen ist, lassen sich auf diese Art Markenwelten kreieren, die durch ihre multisensuelle Ansprache eine Qualität erreichen, die Onlinekommunikation auf Grund seiner immanten Einschränkungen nicht erreichen kann.

So können bei Offline-Maßnahmen zusätzlich der Tastsinn, der Geschmackssinn und der Geruchssinn der Zielgruppe angesprochen werden. Nachfolgend drei Beispiele dazu:

Tastsinn (Taktile/haptische Wahrnehmung):

Der Deal ist abgeschlossen – also Hand drauf! Dumm, wenn die Vertragspartner jetzt vor ihren Laptops sitzen, denn ein entscheidendes Moment fehlt. Und zwar die haptische Rückbestätigung dafür, dass der getätigte Deal tatsächlich erfolgreich abgeschlossen wurde. Haptischer Kommunikation wird ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit zugesprochen. Bestimmt haben Sie sich auch schon mal verhört oder versehen – aber verfühlt?

Darüber hinaus lassen sich Produkte hervorragend über ihre Haptik differenzieren. Apple optimiert seit Jahren nicht nur die Prozessorgeschwindigkeit, sondern vor allem den Touch seiner Produkte.

Nutzen Sie diese Möglichkeiten und kommunizieren Sie Offline, um Ihre Produkte besser „begreifbar“ zu machen! Oder nutzen Sie wenigstens eine Hybridlösung aus Online- und Offline-Maßnahme. Denn gemäß eines Beitrages im „Journal of Consumer Psychology“ spricht ihre Zielgruppe ihrem Produkt einen deutlichen höheren Wert zu, wenn es über einen Touchscreen erlebt werden kann und nicht nur indirekt über eine Computermaus.

Geschmackssinn (Gustatorische Wahrnehmung):

Der Geschmackssinn macht einen vergleichsweise kleinen Teil unserer Wahrnehmung aus, nämlich rund ein Prozent. Er ist zudem, gemäß der Redewendung „Das Auge isst mit“, stark von anderen Sinneseindrücken abhängig – und teilweise sogar von der Preispolitik, denn „Den meisten Verbrauchern schmecken Weine besser, wenn sie teurer sind“. Gleichwohl kann diese Stellschraube genutzt werden, um ein vollkommenes Markenerlebnis zu schaffen.  Für die gustatorische Kommunikation ist selbstverständlich die Nahrungs- und Genussmittelindustrie prädestiniert. Hier werden Geschmacksverstärker eingesetzt, um sich von Konkurrenzprodukten zu differenzieren oder die Attraktivität der eigenen Produkte zu steigern.

Aber auch andere Branchen können auf gustatorische Kommunikation zurückgreifen und profitieren. Der meiner Meinung nach simpelste Trick: Sollten Sie auf Events, im Zuge von Kundenpflege-Aktionen oder ähnlichem, Essen oder Getränke ausgeben, dann achten Sie darauf, dass diese auch tatsächlich schmecken!  Das Auge isst zwar mit, doch die schön drapierten, mit dem Firmenlogo versehenen Häppchen, sollten nicht nur optisch ein Genuss bleiben. Stößt das Essen bei der Kundschaft auf Grund seines Geschmacks sauer auf, so ist die Gefahr groß, dass dieses unangenehme Erlebnis negativ mit ihrer Marke assoziiert wird.

Geruchssinn (Olfaktorische Wahrnehmung):

Die Brötchen aus dem Supermarkt machen irgendwie nicht das gleiche her wie die Brötchen vom Bäcker? Ein Versuch hat ergeben, dass sich der Backwaren-Umsatz in einem Supermarkt durch einen künstlich erzeugten Duft erheblich steigern lässt. Auch eine Studie der Universität St. Gallen zeigte, dass „einfache und zum Produkt passende Düfte dessen Absatz je nach Produkt und Laden um drei bis acht Prozent steigern können“.

Solche Formen der Offlinekommunikation sind also keineswegs nur aufmerksamkeitsgenerierende Spielereien, sondern Maßnahmen, die neben Brand Building und Beziehungsaufbau zur Zielgruppe, auch die Abverkäufe deutlich ankurbeln.

Die Entscheidung, ob nun Online oder Offline kommuniziert werden soll, muss selbstverständlich immer in Abhängigkeit vom strategischen großen Ganzen getroffen werden. Und wie so oft im Leben, liegt die Wahrheit bekanntlich meistens irgendwo in der Mitte. Doch bestimmt lohnt es sich, bei all den budgetären Einschränkungen und digitalen Verlockungen unserer Zeit, im Hinterkopf zu behalten, dass es neben der aktuell gern gehypten Onlinekommunikation auch noch verschiedene Arten der Offlinekommunikation gibt.  Diese Maßnahmen verfügen, wie am Beispiel der multisensuellen Kommunikation gezeigt, über einzigartige Qualitäten, die sich Online nicht reproduzieren lassen.

Im Sinne einer zielgerichteten Kommunikation sollten Sie daher darauf achten, dass das gewählte Medium die beabsichtigte Wirkung bestmöglich unterstützt. Hand drauf?

 

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