Wenn ein Schmetterling an einem Ende der Welt mit den Flügeln schlägt, kann dies am anderen Ende einen Sturm auslösen. Besser ist: Man bereitet sich auf eine Schlechtwetterfront vor. Und das idealerweise in Zeiten, in denen es noch keine Krise gibt. Dies gilt auch für Unwetter in digitalen Netzwerken – den sogenannten „Shitstorms“. Ein Begriff, der schon fast selbstverständlich zu unserem kommunikativen Alltag gehört. Doch was genau ist eigentlich ein Shitstorm? Zum Anglizismus des Jahres 2011 gekürt definiert der Duden das Wort als „Sturm der Entrüstung in einem Kommunikationsmedium des Internets, der zum Teil mit beleidigenden Äußerungen einhergeht“. Eine solch unvorhergesehene und anhaltende Empörungswelle kann sowohl öffentliche Personen als auch Institutionen betreffen, wobei es eines in diesem Zusammenhang festzuhalten gilt: Nicht jeder negative Kommentar hat gleich einen Shitstorm zur Folge und schädigt auch nicht immer die Reputation oder führt gar zu Umsatzeinbrüchen. Hier gibt es durchaus Unterschiede. Eine Möglichkeit, den Grad der Empörungswelle einzuordnen, ist auf die sogenannte „Shitstorm-Skala“ zurückzugreifen. Entwickelt wurde diese von den Schweizer Social Media-Experten Barbara Schwede und Daniel Graf. Dabei haben die beiden versucht, die Beauford-Skala, durch welche Winde nach ihrer Stärke klassifiziert werden, auf die Social Media-Welt zu übertragen. Hierdurch lässt sich die Stärke von Shitstorms differenzierter analysieren. In sechs Stufen unterteilt, beginnend bei Stufe Null, werden die Reaktionen in Social Media und Medien aufsteigend dargestellt. So deutet etwa die niedrigste Stufe – auch als „Windstille“ bezeichnet – darauf hin, dass es keine kritischen Rückmeldungen oder Medienberichte gibt. Stufe 6 hingegen – auch als „Orkan“ tituliert – weist auf eine schwere See hin. Auf dieser Stufe ist kennzeichnend, dass das Publikum aufgeheizt ist, sich zu diffamierenden Äußerungen hinreißen lässt und aggressiv reagiert. Auch sind bedrohliche Äußerungen hierbei keine Seltenheit. Dieser sogenannte „Orkan“ wird dann auch meist zum Top-Thema in den Medien und erhält dann die Bezeichnung Shitstorm.
Die Shitstorm-Skala bietet keinerlei Handlungsempfehlungen. Sie ist quasi nur der Wetterbericht. Im Falle von beispielsweise länger anhaltender Kritik und einer ersten Berichterstattung sollten Maßnahmen ergriffen werden, um den Konflikt nicht weiter ausarten zu lassen. Fest steht, die Spielregeln haben sich geändert. Denn das Social Web verheimlicht nichts und es vergisst auch nichts. Und jeder hat hierbei die Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen und dabei von vielen Menschen weltweit wahrgenommen zu werden. Für Unternehmen ist es daher wichtig, sich in Krisenzeiten von Anfang an richtig zu verhalten. Teilweise tun sie dies nicht immer: So äußern sie sich gar nicht oder sie nehmen die Lage nicht ernst genug. Manche verdrehen sogar die Wahrheit oder drohen mit juristischen Konsequenzen. An Reaktionen dieser Art lässt sich auch ablesen, dass die Verantwortlichen das Social Web nicht wirklich verstanden haben. Es geht darum, seinen Kunden zuzuhören und in einen direkten Dialog mit diesen zu treten. Allerdings tun sich hiermit einige Unternehmen immer noch schwer. Und genau diese sind dann auch verständlicherweise überfordert, wenn eine solche Welle der Entrüstung sie überrollt. Doch welche Regeln sollte man im Falle eines Shitstorms beherzigen? Hierzu fünf Handlungsempfehlungen:
- Tägliches Monitoring ist Pflicht: Beobachten Sie, was und wie über Ihre Produkte und Dienstleistungen gesprochen wird. Mit Hilfe diverser Suchmaschinen lassen sich Erwähnungen schnell ausfindig machen. Und indem Sie sich Alerts einrichten, erhalten Sie diese Online-Gespräche täglich automatisch zugespielt.
- Schnell und mit Bedacht reagieren: Je zügiger Sie auf Shitstorms reagieren, desto eher können Sie diese eindämmen. Adressieren Sie die Person direkt in einer individualisierten Ansprache – bitte keine 08/15-Texte posten. Das bringt Ihnen nur noch mehr Ärger ein. Und sollte klar sein, dass es zu Fehlern und Missverständnissen auf Ihrer Seite gekommen ist, gilt es, diese umgehend aufzuklären und sich zu entschuldigen.
- Versuchen Sie nicht zu diskutieren: Moderieren Sie stattdessen. Denn im Shitstorm sind Diskussionen zwecklos, da im Grunde genommen kein Gespräch stattfindet. Sorgen Sie dafür, dass alle nötigen Informationen leicht und für alle auffindbar sind. Somit haben die Leser die Chance, sich ihr eigenes Bild zu machen.
- Hören Sie nie auf zu sprechen: Und sorgen Sie auch dafür, gehört zu werden. Denn Untertauchen gilt nicht! Um dies in Zeiten einer Krise auch bewerkstelligen zu können, gilt es Vorarbeit zu leisten. Bauen Sie sich ein Unterstützer-Netzwerk auf, dass aus erfahrenen Krisenberatern besteht. Falls es sich dabei um externe Berater handelt, sollten diese das Unternehmen schon vor Beginn einer Krise gut kennen – denn für eine Einarbeitung, bleibt meist keine Zeit.
- Schaffen Sie Social Media-Inhalte: Eine Social Media-Krise lässt sich nicht mit einer Pressemeldung aus dem Weg schaffen.Erarbeiten Sie daher Content für die digitale Kommunikation. Dieser sollte googleable, sharable, youtubeable und facebookable sein.
Und das oberste Gebot in Krisenzeiten: Ruhe bewahren. Denn eines ist sicher: Kein Sturm hält ewig und es kehrt früher oder später, auch abhängig davon wie Sie sich verhalten, wieder Ruhe ein.