Der Begriff „Nachhaltigkeit“ kommt ursprünglich aus der Forstwirtschaft und beschreibt „das Prinzip, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, regenerieren, künftig bereitgestellt werden kann“. Doch es wurde schnell offensichtlich, dass diese Definition zu kurz greift. Denn eine nachhaltige Entwicklung hängt nicht nur von von umweltbezogenen, sondern auch von wirtschaftlichen und sozialen Faktoren ab – etwa den Bedingungen in Entwicklungsländern, unter denen unsere Textilien hergestellt werden. Um diese Aspekte einzubeziehen, kam in den 1980er Jahren der Begriff CSR (Corporate Social Responsibility) auf.
Von CSR zu ESG
Seitdem sind die CSR-Anforderungen an Unternehmen stetig gestiegen – auch von Seiten der Konsumenten. Floskeln wie „we are doing better“ reichen längst nicht mehr aus. Heute sind ESG-Reports (Environment, Social, Governance) gefordert, die die konkreten Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf Umwelt und Gesellschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette darlegen – quantitativ messbar und nachweisbar. Dieser Shift von CSR zu ESG wird auch als Sustainability 2.0 bezeichnet.
So will Apple seine Produkte bis 2030 zu 100 Prozent klimaneutral produzieren, Handys und Laptops sollen zu immer größeren Teilen aus recycelten Kunststoffen bestehen. Aber ein Smartphone aus wiederverwertetem Material, das nach einem Jahr defekt ist und im Müll landet, kann gar nicht nachhaltig sein. Das Design allein reicht nicht aus. Die Produkte müssen auch mit entsprechenden Geschäftsmodellen und Dienstleistungen verknüpft sein.
Glaubwürdigkeit ist das A und O
„Sustainability sells“ hat auf Dauer keine Chance. Denn die Verbraucher sind kritischer geworden. Sie hinterfragen ihre Kaufentscheidungen und fordern Transparenz und Glaubwürdigkeit. Und sie merken schnell, wenn es sich um Greenwashing handelt. Das gilt vor allem für die Jüngeren. Die Gen Z und die Millennials erwarten, dass die Angebote und Services von Unternehmen positive soziale Auswirkungen haben. Sie setzen sich mit Markenanbietern, die etwas bewirken, auseinander und sind bereit, für nachhaltige Produkte mehr zu bezahlen. Einer Studie im Auftrag von IBM zufolge gelten für 75 Prozent der Gen Z und 81 Prozent der Millennials weltweit „saubere“ Produkte als wichtigstes Kriterium bei der Anbieterauswahl.
Unternehmen, die Nachhaltigkeitsinitiativen starten, sollten daher immer in der Lage sein, ihre Maßnahmen zu erklären und deren Wirkung zu belegen. Wer sich dem Thema nur halbherzig oder rein aus PR-Gründen widmet, wird schnell als Greenwasher entlarvt. Für eine erfolgreiche Nachhaltigkeitskommunikation müssen Markenanbieter ihre Initiativen für sich sprechen lassen, anstatt darüber zu reden.
Sustainability 2.0: Ganzheitlich und zeitgemäß
Nachhaltigkeit 2.0 beinhaltet aber auch einen kulturellen Wandel: Das Streben nach einem umweltbewussten, sozialen und gerechten Wirtschaften wird weniger mit Verzicht, Beschränkung und schlechtem Gewissen assoziiert. Es ist vielmehr positiv besetzt, es soll Spaß machen und wird zum Lebensgefühl. Wayne Visser, Professor für Integrated Value und Inhaber des Lehrstuhls für Nachhaltige Transformation an der Management School Antwerpen, formuliert es so: „Wir müssen erreichen, dass nachhaltiges Leben angenehm, nachhaltiges Business profitabel und nachhaltiger Wandel zeitgemäß sind.“
Sustainability 2.0 stellt damit nicht nur höhere Anforderungen an Unternehmen, es eröffnet ihnen auch Wachstumschancen. Nachhaltigkeit gilt heute als Investition, um neue Einnahmequellen und Geschäftsmöglichkeiten zu erschließen. Und auch die Außenwirkung einer positiven Entwicklung ist nicht zu unterschätzen – gerade für Unternehmen, die in Sachen Nachhaltigkeit erst am Anfang stehen. Wer klein anfängt und sich verpflichtet, besser zu werden, kann viel bewegen.