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LEWIS

von

LEWIS

Veröffentlicht am

Juli 25, 2013

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Public Relations

Mit einer gekonnt inszenierten Keynote setzen viele Unternehmen ihr neues Flagschiff-Produkt ins rechte Licht. Parade-Beispiel ist: Sei es die Vorstellung des iPods, iPhones oder iPads – lädt die Führungsetage des US-Konzerns zum Presse-Event, kann man sicher sein, dass ganze Schwärme internationaler Pressevertreter ihre Reise antreten, um Apple-Fans über den gesamten Globus hinweg mit Informationen zu den neusten Produkten zu versorgen.


Diese Art der Öffentlichkeitsarbeit hat sich mittlerweile bis nach Redmond rumgesprochen, weshalb Microsoft für die Ankündigung des lang ersehnten Xbox 360-Nachfolgers, der Xbox One, genau wie Apple auf eine aufsehenerregende Präsentation im Rahmen der E3-Konferenz setzte. Die Pressevertreter kamen in Scharen. Live-Streams zur Veranstaltung brachten Server zum Glühen. Die News füllten reihenweise Internetportale und zierten Titelseiten einschlägiger Fachmagazine. Microsoft verkaufte Journalisten im Rahmen der Messe eine Spiele-Maschine, die ihresgleichen sucht. Doch die gute Stimmung herrschte nur für einen Abend, denn Microsoft hatte sich das ein oder andere Fettnäpfchen erlaubt. Kinect-Zwang: Die Bewegungssteuerung, die bei der nächsten Xbox zum Einsatz kommt, nimmt nicht nur 60 hochauflösende Bilder pro Sekunde auf. Die Identifizierung der Nutzer durch die Kamera ist auch zwingende Voraussetzung, um das Gerät überhaupt in Betrieb nehmen zu können – bei jedem Start, über die komplette Spieldauer. Wie sich nun herausstellte, will Microsoft die Mechanik dahinter nutzen, um personalisierte Werbung zu vermarkten – vor dem Hintergrund von globalen Spitzelaffären und Datenskandalen ein gefundenes Fressen für die Medien.

Online-Zwang

Schon im Vorfeld zur Präsentation der Xbox One häuften sich die Gerüchte, Microsoft wolle die Konsole nur dann nutzbar machen, wenn sie regelmäßig mit dem Internet verbunden ist. Die Internet-Gemeinde lief schon lange vor der Präsentation gegen diesen Plan Sturm. Was darauf folgte, war ein mediales Schulterzucken des IT-Riesen, denn entgegen der flächendeckenden Kritik, bestätigte Microsoft diese Pläne. Wessen Internet-Hardware verrückt spielt respektive wessen Internet-Provider gerade Störungen hat, muss also im Zweifelsfall Däumchen drehen, statt 3D-Grafik zu genießen. Microsoft Feedback: Wem das nicht passt, der soll sich die alte Xbox 360 kaufen. Gebrauchtspiel-Sperren: Ebenfalls für Unmut sorgten Gerüchte im Internet, die Xbox One werde keine gebrauchten Spiele mehr unterstützen. Eine Weitergabe alter Spiele an Familienmitglieder und Freunde ist damit ausgeschlossen und bringt Gebrauchtspielhändler in die Bredouille. Auch dieses Gerücht wurde bei der Vorstellung durch Microsoft bestätigt.

Der Super-Gau

Die Xbox One basiert auf einem Unterbau der IT-Schmiede AMD. Diese stellt sowohl die Prozessor- also auch die Grafik-Einheit für die Konsole. Die gezeigten Spiele konnten sich sehen lassen: Mit fotorealistischer Grafik, Surround-Sound und bei Gamern unverzichtbaren 60 Bildern pro Sekunde waren die Spiele-Teaser ein weltweites Gesprächsthema. Wie sich jedoch nur wenig später herausstellte, kamen diese Bilder nicht aus der Xbox One, sondern aus einem bis unter die Zähne aufgerüsteten PC – mit Intel-Prozessor und nVidia-Grafikkarte. Der direkten Konkurrenz von AMD. Über das Medienecho lasse ich mich an dieser Stelle nicht aus. Nur so viel: Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Doch was sind die Learnings aus der Microsoft-Keynote zur Xbox One?

  • Erstens: Unternehmen sollten das tun, was sie erfolgreich gemacht hat – nämlich Produkte entwickeln, die sich an den Bedürfnissen der Nutzer und potenziellen Neukunden orientieren und nicht andersrum. Nur dann kann man bei der Präsentation von Produkten mit offenen Karten spielen.
  • Zweitens: Im Sinne der Unternehmenstransparenz sollten Kommunikatoren keine falschen Aussagen zu Produkten oder Services machen – es gibt genug Journalisten, Blogger und Analysten, die bei der Recherche Falschaussagen schnell aufdecken. Enthüllungen jeglicher Art sind ein gefundenes Fressen für Medienvertreter und verbreiten sich in nur wenigen Stunden global über das Internet.
  • Drittens: Ein großes, aufwändiges Event zur Produktpräsentation erhöht zwar die Awareness bei Medien, sorgt aber nicht automatisch für eine positive Berichterstattung, denn dafür müssen auch die Inhalte passen. Sind diese nicht stimmig, müssen Unternehmen nicht nur mit negativer Berichterstattung rechnen, sondern riskieren unter Umständen auch die bisher guten Beziehungen zu Journalisten – denn wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.

Dass Don Mattrick, bisheriger Chef der Unterhaltungssparte bei Microsoft, nur kurz nach der Vorstellung der neuen Konsole das Unternehmen verlassen und bei Zynga, einem Anbieter von Browser-Spielen, angeheuert hat, lässt darauf schließen, dass Microsoft nicht sehr begeistert von der Präsentation seines Spiele-Zugpferds für die kommenden Jahre war. PR-Treibende sollten sich daher immer wieder vor Augen führen, dass Unternehmenskommunikation nicht nur die Transparenz für Stake- und/oder Shareholder erhöhen soll, sondern vor allem durch stringente Maßnahmen und Inhalte über einen langen Zeitraum die Reputation von Unternehmen festigen und verbessern soll. Microsoft hat sich unter diesem Gesichtspunkt mit der Präsentation der Xbox One keinen Gefallen getan. Nach all dem Hin und Her der vergangenen Wochen taufte die Internetgemeinde die neue Konsole jüngst Xbox 180. Wobei Anleger und Investoren in solchen Fällen übrigens meistens humorloser reagieren.

WE DO. Public Relations

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