Laut einer Studie der Boston Consulting Group von 2015 wird der Wirtschaftsstandort Deutschland zu den Gewinnern der Industrie 4.0 gehören. So könnten im Umfeld der tiefgreifenden vierten industriellen Revolution hierzulande in den kommenden Jahren bis zu 390.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Außerdem ist mit einem zusätzlichen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts in Höhe von rund 30 Milliarden Euro zu rechnen. Gut also, dass wir allen Unkenrufen sowie widersprüchlichen Meldungen und Einschätzungen zum Trotz in einigen Bereichen bereits auf einem sehr guten Weg sind, wie etwa die aktuelle Studie „State of IT“ von Salesforce Research zeigt: Beim Einsatz von „Künstlicher Intelligenz“ (KI), so ergab die Befragung von 2.200 Unternehmen weltweit, hat die deutsche Wirtschaft gegenüber dem einstigen Vorreiter USA mittlerweile die Nase vorn. KI ist ein zentraler Baustein digitaler Produktions-, Informations- und Kommunikationsprozesse. So weit, so gut.
Die Herausforderung Industrie 4.0 ist jedoch meist eine ganz andere. Sie wird oft zu eindimensional betrachtet. Dabei geht es doch vielmehr darum, das große Ganze zu sehen. Ein Beispiel: Die Initiative stellt mit ihren smarten, hochvernetzten und sich selbst organisierenden Fabriken der Zukunft nicht nur eine immense technologische Herausforderung dar, sondern auch eine kommunikative. Denn nur wenn die Überzeugungsarbeit der an der Umsetzung des Zukunftsprojekts beteiligten Player an der Basis greift und die Entscheider in der Abnehmerindustrie erreicht, wird die deutsche Wirtschaft weiterhin ihre PS auf die Straße bekommen. Kurzum, die „Vision“ von Industrie 4.0 braucht mehr Öffentlichkeit – und somit ein sehr gutes Marketing. Daran scheint es oftmals aber noch zu hapern, zumal sich die Komplexität des Themas nicht so einfach aufdröseln lässt.
Nur unzureichendes Verständnis von Industrie 4.0 in der Öffentlichkeit
Fakt ist: Obwohl bereits einige Jahre zuvor Industrie 4.0 in Zusammenhang mit der gleichnamigen Initiative der Bundesregierung als Marketingbegriff eingeführt, gaben Mitte 2015 noch 82 Prozent der Teilnehmer einer Umfrage zur Bekanntheit des Begriffs „Industrie 4.0“ in Deutschland an, noch nie davon gehört zu haben (Quelle: Statista). Zwar mag sich das Verhältnis infolge der kontinuierlichen medialen Berichterstattung inzwischen etwas verschoben haben – jedoch sagt der öffentliche Bekanntheitsgrad eines Begriffs ohnehin nur wenig über das Verständnis seiner Bedeutung aus. Gemessen an der Größe des Vorhabens scheint hier jedenfalls noch jede Menge Luft nach oben zu sein. Die Aufklärungsarbeit ist noch längst nicht abgeschlossen.
An diesem Punkt sind vor allem Industrieunternehmen aus dem B2B-Bereich, die neben Politik, Forschung und der Gesamtindustrie zu den wohl wichtigsten Treibern der Entwicklung zählen, hinsichtlich ihrer internen und externen Kommunikation gefordert. Einerseits um kraft ihrer Expertise die relevanten Teilöffentlichkeiten über Chancen und Risiken der Industrie 4.0 ins Bild zu setzen und auf Unwissen basierende Ressentiments abzubauen. Andererseits vermarkten sich auch die innovativsten IT-basierten Lösungen im entfesselten globalen Wettbewerb nun einmal nicht von selbst. Daher muss das Marketing und die PR dieser Unternehmen höchst treffgenau die jeweiligen Anspruchsgruppen adressieren, und dafür ist eine professionelle und seriöse Kommunikation gegenüber allen maßgeblichen Stakeholdern gefragt. Darunter nicht nur die bereits erwähnten Entscheider, sondern nicht zuletzt auch die eigenen Mitarbeiter.
Wissensdefizite im Unternehmen durch interne Kommunikation beheben
An eben dieser „Kommunikationsfront“ hapert es jedoch noch, so eine Teilerkenntnis aus der neuen Studie „Industrie 4.0 – Wo steht Deutschland?“, welche von der Fachzeitschrift Computerwoche gemeinsam mit SAP, Rohde & Schwarz, Hitachi Data Systems, Consol Software und Lufthansa Industry Solutions im Frühjahr 2017 durchgeführt wurde. Demnach konnten lediglich 16 Prozent der befragten Firmen den Satz „In unserem Unternehmen herrscht ein klares Verständnis darüber, was Industrie 4.0 bedeutet“ reinen Gewissens unterschreiben. Ein ernüchternder Wert, der umso nachdenklicher stimmen sollte, als auch in den oben erwähnten Technologieunternehmen heute immer mehr „normale“ Mitarbeiter als Markenbotschafter oder Kommunikatoren fungieren. Zwar ist davon auszugehen, dass gerade dort der Kenntnisstand über die eigenen technologischen Skills und Möglichkeiten im Kontext von Industrie 4.0 signifikant über dem Bundesschnitt liegt. Dennoch wäre es ratsam, hier einmal ganz genau nach innen zu horchen und etwaige Wissensdefizite im eigenen Unternehmen schnellstens aufzuarbeiten. Sonst bleiben wertvolle Potenziale ungenutzt.
Die Mitarbeiter auf einen gemeinsamen Wissensstand zu bringen, ist Aufgabe des Managements und der internen Kommunikation – und Kommunikationsprofis steht hierfür ein ebenso umfangreiches wie bewährtes Instrumentarium zur Verfügung: Informationsveranstaltungen, Mitarbeiterzeitschriften, Workshops, Corporate Blogs, Intranet etc. Professionelle Unterstützung können Unternehmen im Falle fehlenden kommunikativen Know-hows oder unzureichender personeller Ressourcen bei entsprechend spezialisierten Agenturen abrufen. Selbiges gilt für die externe Zielgruppenansprache beziehungsweise die B2B-Kommunikation. Schließlich muss auch dort ein Rädchen perfekt ins nächste greifen.
KMU vor allem den konkreten Nutzen innovativer Anwendungen vermitteln
Ein besonderer (kommunikativer) Handlungsdruck ergibt sich abschließend aus dem Umstand, dass gerade kleine Unternehmen und Teile des traditionellen Mittelstands den Anschluss an den immer dynamischeren Umwälzungsprozess zu verlieren drohen. Folgt man einer neuen Studie der Boston Consulting Group, so betrifft dies in Bezug auf das übergeordnete Thema Digitalisierung rund ein Viertel aller Unternehmen in den USA und Deutschland. Büßen diese aufgrund wie auch immer gearteter Versäumnisse beziehungsweise nicht realisierter Chancen ihre Wettbewerbsfähigkeit ein, so könnte hüben wie drüben der Wirtschaftsmotor ins Stottern geraten. An dieser Stelle zeigt sich noch einmal ganz deutlich, dass den technologischen Treibern der Industrie 4.0 tatsächlich eine zweifache Verantwortung zukommt: Zum einen müssen sie ihre neuartigen Produkte, Lösungen und Dienstleistungen an den Mann bekommen, um im Markt bestehen zu können. Zum anderen liegt es an ihnen, den eigenen Schwung auf die restliche Wirtschaft zu übertragen – und dabei auch einen Großteil der Nachzügler und Zauderer zu überzeugen und „mitzunehmen“.
Wie das möglich wird? Nutzerzentrierte Marketingkommunikation ist der Schlüssel dazu. Und das bedeutet auch im Fall von Industrie 4.0, dass nicht zuvorderst die meist hochkomplexen technologischen Details KI-gesteuerter Systeme oder des Internet of Things kommuniziert werden. Ein Großteil der in der B2B-Kommunikation anvisierten Entscheider kommt da ebenso wenig mit wie 99 Prozent der restlichen Öffentlichkeit. Oftmals interessiert es sie auch nicht sonderlich. Denn um Entscheidungen über neue Investitionen treffen zu können, müssen Abnehmer nicht immer zwingend wissen, wie etwas funktioniert, sondern was es ihrem Unternehmen bringt. In allererster Linie geht es also darum, den konkreten Kundennutzen zu vermitteln. Und wenn es dann doch einmal um technologische Details geht, ist die kommunikative Transferleistung in puncto Industrie 4.0 aufgrund der immer weiter klaffenden Schere zwischen Alltagsverstand und Zukunftstechnologien nun einmal etwas vertrackter. Es ist und bleibt ein Job für absolute Kommunikationsprofis.
Das Industrial-Team von Lewis Communications ist auf kommunikative Transferleistungen in den Bereichen Technische PR, Maschinenbau und Logistik spezialisiert. Sprechen Sie uns gerne an.