Die Digitalisierung hat einen Wettlauf um die Zukunft entfacht. Neue Marktspieler tauchen auf und fordern traditionelle Geschäftsmodelle heraus oder stellen sie auf den Kopf. Scharen von Top Managern pilgern ins Silicon Valley. Und keiner entkommt Themen wie Augmented Reality, Virtual Reality, Big Data und Künstliche Intelligenz. Aber ein zentraler Aspekt der Digitalisierung wird vernachlässigt oder sogar übersehen: die Notwendigkeit des kulturellen Wandels in Unternehmen.
Hierarchische Modelle in der Krise
Rezepte aus der Vergangenheit sind nicht zwangsläufig für die digitale Zukunft geeignet. Das trifft ganz besonders auf hierarchische Modelle zu, die auf Prinzipien wie Macht, Unterordnung, Führung und Kontrolle aufbauen. Strukturen, Aufgaben und Prozesse sind genau definiert. Anpassung wird belohnt. Ein Top-Down-Modell, das nicht nur Generationen von Führungskräften, sondern auch die Kultur von Unternehmen geprägt hat. Doch nun werden diese Grundsätze herausgefordert und geraten ins Wanken. Was ist passiert?
Willkommen in der VUCA Welt
Die Geschwindigkeit von Veränderungen hat durch Globalisierung, verschärften Wettbewerb und nicht zuletzt Digitalisierung erheblich zugenommen. Was früher noch stabil, klar, vorhersehbar und kontrollierbar schien, wird zunehmend durch eine unbeständige, unsichere, komplexe und mehrdeutige Welt ersetzt. Neue Konzepte sind gefragt, die besser geeignet sind, um auf schnelllebige Märkte zu reagieren, die permanent im Fluss sind. Scrum ist ein solcher Ansatz. Ursprünglich für die agile Softwareentwicklung erfunden, hat die Methode inzwischen in vielen Bereichen außerhalb der IT Fuß gefasst. Bereits 2001 veröffentlichten siebzehn Softwareentwickler ein Manifest, das die Grundsätze der agilen Softwareentwicklung definiert: Fokus auf Individuen und Interaktionen, pragmatische Lösungen, Zusammenarbeit und Flexibilität. Anders formuliert: Starre Organisationsstrukturen und lineares Projektmanagement bremsen Prozesse aus, ohne zwangsläufig bessere Ergebnisse zu liefern.
Der Kommandant hat ausgedient
Um agiler zu werden, müssen Unternehmen ihre Kultur neu definieren. Aber wo fängt man an? Entgegen klassischer Ansätze sollten nicht die Mitarbeiter oder das mittlere Management (die sogenannte Lehmschicht) im Mittelpunkt stehen. Ausgangspunkt sollte vielmehr das Führungsteam sein. Warum ist das wesentlich? Weil das Führungsteam Treiber des digitalen Wandels ist und nicht nur Sinn stiften und mit gutem Beispiel vorangehen muss, sondern auch Mitarbeiter befähigen, inspirieren und Zusammenarbeit fördern muss. Vor allem ist es wichtig, dass Führungskräfte authentisch sind, um Mitarbeiter zu überzeugen und mitzunehmen. Bloße Lippenbekenntnisse reichen nicht aus. Gibt es solche Führungskräfte überhaupt?
Gefangen in traditionellem Denken
Ich glaube, dass die meisten Führungskräfte in traditionellen Denkweisen gefangen sind. Das hat mit Mustern zu tun, die sich über lange Zeit eingeprägt haben, mit beruflicher Sozialisierung und dem Alter (viele Führungskräfte sind keine Digital Natives). Die Führungskraft neuen Typs braucht neue Fähigkeiten, um sich von einem Chief Executive Officer zu einem Chief Purpose, Inspiration, Empowerment und Collaboration Officer zu wandeln. Sie muss auch verstehen, dass der digitale Wandel sich nicht hierarchisch verordnen lässt und mehr ist als digitale Werkzeuge zu nutzen und digitale Geschäftsmodelle einzuführen. Vor allem muss die Führungskraft bereit sein, sich selbst kritisch zu reflektieren und Ängste vor Macht- und Kontrollverlust zu überwinden. Stattdessen gilt es, Prozesse zu moderieren und Synergien freizusetzen.
Führungskräfte müssen vorangehen
Die digitale Revolution erfordert eine fundamentale Revolution der Denkmuster und Unternehmenskultur. Und Führungskräfte müssen in diesem Prozess vorangehen und den Weg ebnen.
Über den Autor
Frank Weber ist in einem mehrsprachigen, multikulturellen Umfeld aufgewachsen, ist Blogger und Gastdozent und fasziniert von der vernetzten Welt und Zukunftstechnologien. Mehr über ihn erfahren Sie in seinem LinkedIn-Profil.