Mit einem neuen Ausstellerrekord hat die weltgrößte Landtechnik-Messe Agritechnica am Sonntag in Hannover ihre Pforten für das Fachpublikum geöffnet. Der Branchentreff adressiert nicht nur den klassischen Landwirt mit eigenem Betrieb, sondern auch die unzähligen Agrarmaschinenhersteller, Spezialisten für Dünger und Saatgut und den gesamten Agrarhandel. Besucher der Agritechnica werden sehr schnell feststellen, wie radikal sich das Geschäft mit Kartoffeln und Schweinshaxn verändert hat. Saatgut und Dünger werden nicht mehr im Gießkannenprinzip aufs Feld geworfen. Stattdessen steuern Datensysteme den Ackerbau abgestimmt auf Landschaftsprofile und selbst mikroklimatische Bedingungen in Senken und Erhebungen fließen in die Berechnungen ein. Moderne Ortungssysteme lenken die Landmaschinen zentimetergenau übers Feld – und längst hängt des Bauers Monatseinkommen nicht mehr nur an der Menge der geernteten Kartoffeln sondern vielmehr an der Ressourceneffizienz, dem sparsamen Umgang mit Land, Wasser und Energie.
Diese Art industrieller Revolution lässt sich eigentlich recht einfach auf den Punkt bringen: Bauer sucht nicht mehr nur Frau sondern vielmehr nach den richtigen Algorithmen, um die Flut an Datenmengen aus Äckern, Ställen und Lagerhäusern gewinnbringend auszuwerten und ihre Geräte miteinander zu vernetzen. Das Zauberwort lautet: Big Data im Grünen oder die Vernetzung der gesamten landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette. Ja, das Internet der Dinge hält tatsächlich auch auf dem Lande Einzug. Wurde früher nur die einzelne Maschine betrachtet, geht es jetzt um das gesamte System. Doch auch hier bremsen fehlende Standards, wie auch oft in der Branche für Informationstechnologie als Hemmschuh ausgemacht, die technologisch machbare und ökonomisch sinnvolle Umsetzung.
Darüber hinaus verhindern noch immer mangelhafte Infrastrukturen in puncto fehlender schneller Datenleitungen die Vernetzung. Innovative Technik im Mähdrescher allein reicht da nicht aus. Diese beiden exemplarischen Problemfelder müssen natürlich auch kommunikativ integriert an die ausgemachten Zielgruppen gebracht werden, will man hier etwas verändern. In Kombination mit der zunehmenden Komplexität im Zuge einziehender Informationstechnologien in die Landwirtschaft kommt auf die Kommunikatoren und Lobby-Gruppen zudem eine ganz neue Herausforderung zu: Ich nenne das jetzt einfach mal die Interdisziplinierung der Systeme – unterm Strich ein Merkmal einer neuen Wissensordnung. Ob Health Care, Fashion, Automotive oder Agrarwirtschaft: Informationstechnologie ist und wird zunehmend das Bindeglied oder besser der Klebstoff zwischen sämtlichen Disziplinen.
Was das für die Kommunikation heißt? Nun, die Zeiten, in denen spezialisierte Fashion-Agenturen nur über rot oder blau oder Slim-fit sinniert haben, sind vorbei. Vielmehr spielt Technologie als integriertes Content- und Wertschöpfungsglied eine immer zentralere Rolle. Wohl den Kommunikatoren, die das Verständnis für Informationstechnologie in ihrer DNA verankert haben. Für jene werden sich auf einmal originär fremde aber zunehmend technologisierte Industriebereiche auftun, für die sie den passenden Kommunikationscode mitbringen. Klingt nach spannenden Zeiten – auch wenn ich ehrlich gesagt kein ausgewiesener Fan von Schweinshaxn bin.