Ein Bild sagt mehr als tausend Worte! Das dachte sich wohl auch eine englische PR-Agentur, die kürzlich blutige Blickfänger im Schaufenster eines Londoner Geschäfts ausstellte – und dann verspeisen ließ. Anlass: Der Verkaufsstart eines Horrorfilms auf DVD. Grusel-Garantie inklusive. Ein genialer PR-Schachzug oder doch nur ekliger Marketing-Gag? Ich muss zugeben, dass ich das so in Deutschland noch nicht gesehen habe. Okay, Bentley ließ mal sein neues Auto nach dem Motto „Kommt ein Bentley geflogen“ über die Dächer Münchens schweben. Österreich hatte letztes Jahr immerhin seinen Felix Baumgartner, Red Bull ließ seine PR-Maschinerie im wahrsten Sinne des Wortes an äußerste Grenzen gehen.
Da stellt sich zurecht die Frage: Wie funktioniert PR in Deutschland bzw. funktioniert PR in anderen Ländern anders als bei uns?
Dieser Frage versuchte ich auf den Grund zu gehen, als ich kürzlich eine Woche in unserem Headquarter in London verbrachte. Neben informativen Trainings zu diversen Themen konnte ich Einblicke in die Arbeitsweise meiner Londoner Kollegen gewinnen. Resultat: Viel anders als bei uns läuft es dort auch nicht. Der Alltag besteht zumeist aus „Business as usual“ – viel telefonieren, pitchen, recherchieren, schreiben, konzipieren, beraten… Es war tatsächlich nicht das „Was“, sondern das „Wie“, das sich unterschied. Ein banales Beispiel: Jedes Mal, wenn jemand von der eigenen Schreibtischinsel in die Küche ging, wurde rundum gefragt, wer einen Tee möchte. Jedes einzelne Mal! Für die individuelle Zubereitung, sprich wie viel Milch und Zucker jemand bevorzugt, hängt ein spezieller Plan in der Küche aus. Das nenne ich mal aufmerksam. Ansonsten fiel es nicht schwer, zu den wichtigsten Themen up-to-date zu sein – überall sind TV-Bildschirme installiert, die ständig liefen. So kam ich in den Genuss, als eine der ersten von Kates Übelkeiten während ihres ersten Schwangerschaftstertiärs (aha) zu erfahren. Allerdings konnte ich so auch die wirklich spannende und – für deutsche Verhältnisse – ereignisreiche TV-Debatte um den Haushalt live mitverfolgen: Die ständigen Buh- und sonstigen Zwischenrufe, aber auch das direkte Gegenübersitzen der Redner (nicht erhöht auf einem Podium) sind für einen deutschen Zuschauer doch mehr als unterhaltsam. Auch die Medienlandschaft per se ist sehr lebendig, wie ich in den so genannten Press Briefings morgens erleben konnte: Während bei uns nur die wichtigsten Tageszeitungen auf den Tisch kommen, bog sich in London der Tisch unter all den Zeitungen und Tabloids, die wir auf der Suche nach interessanten News für unsere Kunden durchstöberten. Eine (weniger oder mehr seriöse) Schlagzeile jagte die andere, teils noch mit dubiosen, oft heimlich aufgenommenen Bildchen gespickt. Ob das die Lösung für das deutsche Zeitungssterben ist, mag dahingestellt sein. Ansonsten fiel mir auf, dass viele meiner Kollegen im Londoner Office, statt zum Hörer zu greifen, den Kontakt zu den Journalisten über Twitter und Co. suchen. Pitchen via Social Media – da sind uns die Engländer dann doch vielleicht um eine Nasenlänge voraus. Ich mache das ja am liebsten immer noch „Old School“ per Telefon. Soziale Netzwerke haben in Großbritannien im täglichen Gebrauch doch noch eine andere Bedeutung als bei uns, wie ja auch vielfach Studien und Umfragen zeigen. So oder so: Der Austausch – nicht nur über die Teekultur, den Nutzen von Social Media oder die wirklich fantastische Aussicht aus dem Büro-Tower – war für mich sehr interessant, da ich den Einblick in eine andere Arbeitskultur immer spannend finde. Im Idealfall ermöglicht dies, neue Sichtweisen zu entdecken und seinen Horizont – beruflich wie privat – zu erweitern. Was ich in meiner Woche in England allerdings auch erkannt habe, ist, dass wir PR-Menschen uns in einem wichtigen Punkt nicht unterscheiden, gleichgültig, wo unsere Homebase ist: Letztendlich wollen wir alle den Journalisten für unsere Sache begeistern – und ob wir das am Telefon, per Tweet oder doch mit essbaren Leichenteilen aus Teig schaffen, ist in allerletzter Instanz dann doch unwichtig. Hauptsache, wir schaffen es.