Es mag ein wenig heikel anmuten, in diesen Tagen die Medienansprache der Trump-Administration als Ausgangspunkt für einen Beitrag über Todsünden in der Unternehmenskommunikation zu machen. Aus rein fachlicher Sicht ist dies aber ohne Weiteres möglich – und meines Erachtens sogar dringend nötig. Sollte nämlich das „Washingtoner Beispiel“ Schule machen, dann dürfen sich Unternehmen am Ende nicht wundern, wenn sich ihre Beziehung zu den Medien nicht gerade zum Guten entwickelt.
Kommunikationsprofis in Unternehmen und Agenturen wissen das natürlich. Problematisch wird es allerdings dann, wenn Chefs, Manager oder Kunden ohne entsprechenden fachlichen Background speziell im Fall der Krisenkommunikation einen solchen Umgang mit Journalisten favorisieren oder gar zur Maxime erheben. Und sind wir mal ganz ehrlich: Beispiele für eine verfehlte und schlechterdings kontraproduktive Krisen-PR gibt es zur Genüge.
Klar sollte somit sein, was dieser Beitrag nicht sein möchte: politische Kritik am neuen US-Präsidenten. Das hat in einem Agenturblog nichts zu suchen. Vielmehr stehen die kommunikativen Taktiken des Trump-Teams auf dem Prüfstand. Daher werde ich auch nicht weiter darauf eingehen, ob hier vielleicht noch ganz andere strategische Ziele verfolgt werden, wie etwa Klaus Weise, PR-Geschäftsführer bei Serviceplan, in einem aktuellem WUV-Artikel vermutet. Mir geht es vornehmlich um die Schäden, die eine poltrige Unternehmenskommunikation in aller Regel beim Absender anrichtet.
Vier schwerwiegende Kommunikationsfehler
Fassen wir kurz zusammen, was in den USA geschehen ist bzw. für uns von Interesse ist: Beim ersten Pressetermin nach Trumps Amtsantritt Mitte Januar 2017 hat dessen Sprecher Sean Michael Spicer den Medien wegen der angeblich in der Sache falschen Berichterstattung über die Besucherzahlen bei der Vereidigung mit Konsequenzen gedroht und seine Gegenbehauptung zum Teil mit nachweislich inkorrekten Angaben und Zahlen zu belegen versucht. Dies alles wurde in der Folge hinlänglich medial diskutiert und dokumentiert. Nur kurz darauf rechtfertigte dann Trumps PR-Beraterin Kellyanne Conway Spicers Äußerungen mit dem Hinweis, dieser habe lediglich „alternative facts“ präsentiert. Es ist wohl davon auszugehen, dass diese abenteuerliche Wendung Ende 2017 auf der Shortlist zum Unwort des Jahres landet.
Meines Wissens wurde von offizieller Seite bislang keiner dieser aus professioneller Warte äußerst schwerwiegenden Kommunikationsfehler eingeräumt, entschuldigt und/oder korrigiert – womit sich gleichzeitig die Anzahl der gemachten Fehler nochmals erhöht. Diese sind:
1. Illegitime Drohungen in Richtung Presse
2. Gezielte Verbreitung von Unwahrheiten
3. Umdeutung derselben in „alternative Tatsachen“
4. Nichteingestehen offenkundiger Fehler
Unstrittig ist: Unternehmen würden sich im Zuge ihrer Krisen-PR (und selbstverständlich nicht nur dort) durch derartige Taktiken und Praktiken erst recht ans Messer liefern. Immerhin gehört es zum demokratischen Auftrag des Journalismus, genau hinzuschauen und entsprechend auf ein solches Fehlverhalten zu reagieren. Das ist gut und richtig so. Das Ausmaß der medialen Reaktion ist dabei abhängig von der Bedeutung des Unternehmens, der Schwere der vorgelagerten Krise und dem Grad des kommunikativen Fehlverhaltens. Bestenfalls landet es später „nur“ auf einigen Sperrlisten und verspielt somit auf unbestimmte Zeit den Zugang zu manchen Redaktionen. Erfolgreiche Media Relations sehen anders aus.
Die Folgen unprofessioneller Medienansprache
Schlimmstenfalls manövriert sich ein Unternehmen dadurch aber auch in eine ernsthafte Kommunikationskrise, deren rasche Behebung doch eigentlich die originäre Aufgabe der Krisenkommunikation gewesen wäre. Und steht es erst einmal im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik, dann ist die Gefahr groß, dass damit ein dauerhafter Imageschaden sowie sinkende Quartalszahlen verbunden sind. Außerdem sind etwaige Shitstorms in den sozialen Medien ob des punktuell erhöhten Kommunikationsaufwands durchaus ein Kosten- und Nervenkostümfaktor und tragen nicht gerade zur Verbesserung des Betriebsklimas bei – von den Folgen für das Recruiting neuer Mitarbeiter einmal ganz zu schweigen. Um nur ein paar der vielen negativen Implikationen zu benennen, die eine unprofessionelle Medienansprache für Unternehmen mit sich bringen kann.
Aber sind Media Relations heutzutage denn überhaupt noch relevant? Klare Antwort: Ja. Zwar hat der Einfluss der Medien auf den öffentlichen Diskurs aus verschiedenen Gründen nachgelassen, dies etwa durch die neue Konkurrenz in Form von Social Media, Blogs, Content Marketing etc. plus die zunehmende berechtigte und unberechtigte Kritik an ihnen – hieraus indes zu schließen, dass sie komplett an Bedeutung verloren haben, ist ein Trugschluss. Denn journalistische Formate erreichen selbst in disruptiven Zeiten auch weiterhin ihre Zielgruppen und sind für die externe Unternehmenskommunikation nach wie vor wertvoll. So käme wohl niemand auf den Gedanken, dass ein positiver Bericht in den Leitmedien oder in der Fachpresse kein wichtiger Mosaikstein in der Erfolgsgeschichte eines Unternehmens ist.
Unternehmenskommunikation nach Gutsherrenart?
Mit negativer Berichterstattung sieht es naturgemäß völlig anders aus. Statt sie einfach nur auszusitzen, gilt es dieser – sofern machbar – umgehend mit guten und „wahren“ Argumenten zu begegnen, um sie eindämmen und schnellstmöglich in den Griff bekommen zu können. Drohungen, Unwahrheiten, begriffliche Eiertänze sowie die Unfähigkeit oder der Unwille, offensichtliche Fehler einzugestehen [sic!], sollten dabei aber nicht zu den bevorzugten Mitteln von Kommunikationsprofis gehören. Hiermit würde nur noch mehr Öl ins Feuer gegossen. Kurzum, Unternehmen können und dürfen es sich nicht leisten, für die Medien endgültig zum roten Tuch zu werden.
Erfolgversprechender ist es, mit Transparenz, Aufrichtigkeit und Dialogbereitschaft auf begründete Vorwürfe zu reagieren – und ja, zur Not auch öffentlich Reue zu zeigen, falls die Kritik voll ins Schwarze trifft. Doch nicht wenige Entscheider tun sich außerordentlich schwer damit. Zumal die Unternehmensführung in besonders schweren Fällen auch mal dazu bereit sein muss, personelle Konsequenzen zu ziehen. So läuft das Spiel nun einmal, und insgesamt werden sich die Regeln so bald nicht ändern. Zum Glück.
Aus all diesen Gründen sind Unternehmen gut beraten, es besser als das Trump-Team zu machen, denn im Vergleich zu einer Regierung sind sie weitaus anfälliger für „schlechte Presse“ und bekommen die Folgen hausgemachter Krisen und kommunikativer Fehltritte in ihrem marktwirtschaftlichen Umfeld sehr viel unmittelbarer und schmerzhafter zu spüren. Insofern bleibt zu hoffen, dass Unternehmen die jüngsten Ereignisse in den USA nicht zur Blaupause für ihren Umgang mit Journalisten und Medien machen. Das würde so ohnehin nicht funktionieren, da mit einer Unternehmenskommunikation nach Gutsherrenart der Rubikon nur allzu schnell überschritten wäre.